Notizen
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Interview

Herr Kloth, zum 1. Juli fällt die Homeoffice-Pflicht, es werden also wieder mehr Menschen in die Büros zurückkehren. Wie bewerten Sie diesen Schritt aus Arbeitsschutz-Perspektive?

Im Grunde genommen ist die Homeoffice-Pflicht schon weggefallen. Sie ist in der sogenannten Bundesnotbremse verankert, die ab einer Corona-Inzidenz von 100 greift. Diese Inzidenz haben wir nirgendwo mehr. Das Arbeiten im Homeoffice steht künftig nur noch als Empfehlung in der Arbeitsschutzregel, somit ist das Homeoffice in der Tat nicht mehr verpflichtend. Aber das Homeoffice ist ein geeignetes Mittel, um die geforderte Kontaktreduzierung im Betrieb perfekt umzusetzen. Einen besseren Abstand zu eventuell infizierten Kollegen könnte man nicht haben, oder?


Vermutlich nicht. Auf der Website des Arbeitsministeriums heißt es, dass das „Arbeiten im Homeoffice wichtige Beiträge leisten“ kann, um die Infektionen niedrig zu halten. Haben Arbeitnehmer denn ein Recht auf Homeoffice oder müssen sie zurück ins Büro?

Das ist eine spannende Frage, allerdings eine arbeitsrechtliche und ich bin kein Arbeitsrechtler. Aus Sicht des Arbeitsschützers ist das Homeoffice wie gesagt eine geeignete Maßnahme, um Infektionsschutz zu betreiben. Vor der Pandemie gab es bereits das Homeoffice in Form der sogenannten Telearbeit. Jemand, der diese Telearbeit vertraglich vereinbart hat, steht vermutlich also anders dar als jemand, der es nicht hat. In der Pandemie reden wir von mobilem Arten oder Homeoffice. Bei der Diskussion ums Homeoffice darf man nicht vergessen, dass je nach häuslicher Situation das Homeoffice erhebliche Belastungen mit sich bringen kann, vor allem für Familien mit kleinen Kindern.     



Wie sollten sich Arbeitgeber nun auf die Rückkehr – mit Blick auf betriebliche Hygienekonzepte – vorbereiten?

Ein Arbeitgeber muss sich anschauen, was es bedeutet, wenn die Arbeitnehmer wieder zurück ins Büro kommen. Es geht in erster Linie darum, die sogenannten AHA+L-Regeln im Betrieb umzusetzen, also zum Beispiel Abstandsregeln einzuhalten. Das muss ein Betrieb von der räumlichen Größe her gewährleisten können. Eine Alternative wäre das Arbeiten im Schichtsystem: Der eine kommt morgens, der andere abends. Dann muss die Maskenpflicht eingehalten werden, soweit das erforderlich ist. Der Entwurf der neuen Arbeitsschutzverordnung sieht eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung vor. Das muss also jeder Betrieb diesbezüglich für sich herausfinden. Zudem wäre es vielleicht sinnvoll, wenn zum Beispiel Geimpfte und Genese räumlich woanders arbeiten als diejenigen, die es noch nicht sind. Auch die richtige Belüftung der Räume spielt eine Rolle.


Wie sähe denn ein gutes Belüftungskonzept aus?

Wenn ein Büro eine Klimaanlage beziehungsweise eine Vollluftanlage hat, sollte man möglichst viel Frischluft hinzufügen. Beim Freilüften, also dem Öffnen von Türen und Fenstern, müsste im Bestfall Durchzug entstehen, zum Beispiel durch ein zweites offenes Fenster. Es gibt Hilfsmittel wie Apps, die sich am CO2-Gehalt in Räumen orientieren und Alarm schlagen, wenn die Luft zu schlecht wird. Sie messen also nicht den Virengehalt, aber sie können anhand des CO2-Gehalts Hinweise geben, dass man zum Beispiel alle 20 Minuten mal Lüften sollte.   


Arbeitgeber bleiben verpflichtet, in ihren Betrieben mindestens zweimal pro Woche die Möglichkeit für Schnell- oder Selbsttests anzubieten. Hilft das?

Es handelt sich hier um eine politische Entscheidung. Die Aussagekraft dieser Schnell- und Selbsttests ist leider nicht sehr hoch, das sollte man berücksichtigen. In den Betrieben werden diese Angebote zudem unterschiedlich gut wahrgenommen. Dann bleibt auch die Frage, was man mit dem Ergebnis macht, denn der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber das Testergebnis mitzuteilen. Sollte der Test positiv sein, muss sich der Arbeitnehmer isolieren und sich weiter testen. Der Arbeitgeber erfährt das aber nicht zwingend. Das ist sehr schwierig zu bewerten.


Dieses Interview erschien zuerst im WELT Corona-Newsletter